Am 24.April 2013 kollabierte das Rana Plaza, eine Textilfabrik in Bangladesh. 1138 Menschen kamen dabei ums Leben, weitere 2500 wurden verletzt. Die ganze Welt war geschockt – warf der Unfall doch ein riesiges Scheinwerferlicht auf die heutige Modeindustrie. Dies war die Geburtsstunde der Fashion Revolution, einer weltweiten Bewegung für die globale Aufklärung und Verbesserung der Modeindustrie.
Im Grunde ist es bei der Mode wie bei vielen Dingen in unserem Leben: unserem Essen, dem Müllproblem, dem Artensterben, der Umweltverschmutzung – wir kennen die Fakten, aber sind wie gelähmt. Die nötigen Veränderungen scheinen zu groß, um von uns allein realisierbar zu sein. Die Suche nach Alternativen ist aufwändig. Und wir haben ja eh schon genug zu tun. Also lassen wir es lieber dabei.
Ich glaube wir vergessen dabei, dass wir keine Monsteraufgabe auf einmal bewältigen müssen – sondern viele kleine Schritte gehen dürfen und damit nach und nach große Veränderungen erzielen können. Außerdem ist niemand allein, es gibt mittlerweile sehr viele Initiativen, denen man sich anschließen und gemeinsam voranschreiten kann.
Eine dieser tollen Initiativen ist die Fashion Revolution Week, die jährlich stattfindet – in diesem Jahr vom 23. bis 29.04.2018.
Was kannst du tun?
- Informiere dich, schaue Dokus, tausche dich mit Anderen aus. Woher kommt deine Kleidung? Welche Materialien werden verarbeitet, wie werden sie angebaut, wer näht deine Klamotten? Welche Werte vertritt das Unternehmen, bei dem du kaufst? Was unterstützt du somit, wenn du dein Geld dort ausgibst?
- Kaufe weniger und durchdachter. Was brauchst du wirklich? Musst du es neu kaufen oder gibt es das auch gebraucht? Kannst du vielleicht mit Freunden Kleidung tauschen?
- Repariere Kleidungsstücke, anstatt sie wegzuwerfen. Oder verwende sie für einen neuen Zweck (z.b. Kinderkleidung aus Erwachsenenkleidung nähen, Putzlappen aus T-Shirts, Jerseygarn aus T-Shirts für kreative Projekte usw. Such doch mal bei Pinterest mal nach „Kleidung Upcycling“.
- Mach ein Gedankenexperiment: Brauchst du wirklich jeden Monat neue Kleidungsstücke? Was hältst du von Second Hand, Kleidertausch und Selbernähen?
- Mach ein Foto von dir mit dem Label deines Kleidungsstücks, poste es in den sozialen Medien und frage den Hersteller deiner Kleidung mit dem Hashtag #whomademyclothes?
- Mach ein Foto von dir in selbstgenähten Outfit und poste es in den sozialen Medien mit dem Hashtag #imademyclothes.
- Wenn du selber nähst: Woher kommen die Stoffe, die du verarbeitest? Aus welchen Materialien bestehen sie, wie wurden sie gefärbt? Wie viel neue Kleidung brauchst du wirklich?
Druckvorlagen für verschiedene Slogans zur Fashion Revolution kannst du dir hier kostenfrei herunterladen:
→ Printables Fashion Revolution
Woher kommt deine Kleidung?
Unsere Kleidung hat einen langen Weg hinter sich, bevor sie in den Regalen unserer Geschäfte landet. Sie ging durch die Hände von Baumwollbauern, Menschen die die Fasern versponnen, gewebt, gefärbt und vernäht haben. Menschen, die die Kleidung verpackt und über Kontinente transportiert haben. Etwa 75 Millionen Menschen arbeiten in der Bekleidungsindustrie, davon 80% Frauen zwischen 18 und 35 Jahren.
Die Mehrheit dieser Menschen lebt in Armut und kann mit ihrer Arbeit kaum ihren Lebensunterhalt bestreiten. Sie werden ausgebeutet, schikaniert und arbeiten in unsicheren und unsauberen Bedingungen für minimalen Lohn.
Sowohl die Menschen, die unsere Kleidung herstellen als auch unsere Umwelt leiden unter der Art und Weise, wie Mode gemacht und konsumiert wird. Das muss sich unbedingt ändern!
Unternehmen müssen immer mehr wachsen, immer mehr Umsätze machen, um am Markt bestehen zu können. Dabei ist Kleidung mittlerweile ein Wegwerfartikel geworfen. Wir kaufen billige Shirts, um sie einmal (oder kein Mal) zu tragen und dann irgendwann zu entsorgen.
Allein in Amerika werden pro Jahr 14 Millionen Tonnen Kleidungsstücke weggeworfen – das sind mehr als 36 Kg pro Person! Nach Angaben der EPA (Environmental Protection Agency) landen 84 % auf Deponien oder in einer Verbrennungsanlage.
Die Chemikalien, die zum Anbau, Färben und Waschen unserer Textilien verwendet werden verschmutzen unsere Flüsse. Die Textilproduktion verbraucht zudem Unmengen an Wasser. Darüber habe ich auch schon mal im Artikel über konventionelle vs. Bio-Baumwolle geschrieben.
Ist Selbernähen die Lösung?
Nein, natürlich ist das nicht die Lösung aller Probleme und auch hier muss man ganz genau hinschauen. Die meisten Billigstoffe werden unter den gleichen Bedingungen hergestellt wie unsere Kleidung. Sie enthalten giftige Chemikalien und Färbemittel, die Arbeitsbedingungen in den Fabriken sind schlecht. Das gilt nicht nur für die Stoffe, sondern auch Garne, Knöpfe und weiteres Nähzubehör.
Daher ist es wichtig, auch beim Stoff- und Materialkauf genau hinzuschauen was und wo man kauft. Mittlerweile gibt es immer mehr Stoffproduktionen in GOTS-Qualität oder zumindest aus zertifizierter Bio-Baumwolle. Für mich ist hier das Non-Plus-Ultra noch nicht erreicht, da die meisten dieser Stoffe Elasthan oder andere Kunststoffe enthalten und somit nicht biologisch abbaubar sind – d.h. auch sie landen früher oder später auf dem globalen Müllberg. Außerdem geben sie bei jedem Waschgang winzig kleine Kunststoffteilchen ans Wasser ab, die in unserem Ökosystem landen.
Neben den Materialien geht es auch hier um die Menge. Was brauche ich wirklich? Wie viel Selbstgenähtes habe ich im Schrank, dass ich nicht anziehe? Warum ist das so? Kann ich davon etwas spenden, verschenken oder generell nur das Nähen, was ich auch brauche? Ich bin der Meinung, dass auch im DIY-Sektor ein Umdenken erfolgen muss.
Durch das Selbernähen von Kleidung ist eine faire Produktion gewährleistet und mit der Auswahl hochwertiger Stoffe auch die Schadstoffbelastung für unseren Körper (und die Umwelt) beeinflussbar. Außerdem steigt der Wert der Kleidung, wenn wir sie selbst hergestellt haben. Neben dem Spaß- und Entspannungsfaktor beim Nähen ein nicht zu unterschlagendes Argument. Denn was für uns wertvoll ist, werfen wir nicht achtlos weg.
Ich hoffe, ich konnte dich mit meinem heutigen Beitrag ein wenig ins Grübeln bringen und würde mich freuen, wenn du auch bei der Fashion Revolution Week dabei bist und dein Statement abgibst.
P.S. Das Schnittmuster des gezeigten Kleides ist die “Adina” von meinem eigenen Label Kreativlabor Berlin.
Weiterführendes Material, Dokus & Co.
→ Übersicht zahlreicher Dokus über die Mode- und Textilindustrie
→ Weitere Infos zu Fast Fashion & Co.
→ Nachhaltig nähen: Umweltfreundliche Stoffe & Nähzubehör finden
→ Biologisch abbaubare Kleidung – Geht das?
→ Schnittmuster für Kleidung, Taschen & Accessoires
LinkUp: Pennjas