Als ich das erste Mal davon gehört habe, dass man Stoffe ganz einfach mit natürlichen Materialien wie Pflanzen, Zwiebelschalen, Gewürzen, Kaffee usw. färben kann, war ich völlig aus dem Häuschen. Ich spürte, dass ich hier etwas ganz Großem auf der Spur war. Ich hatte das Gefühl, dass es endlich “Klick” macht. Dass meine verschiedensten Leidenschaften plötzlich zusammentreffen und ein großes Ganzes ergeben. Ein unbeschreibliches Gefühl!
Momentan mache ich meine ersten natürlichen Stofffärbeversuche und möchte dir in diesem Beitrag die Grundlagen des Färbens vermitteln. Vielleicht bist du bald genauso verrückt danach wie ich. Es macht einen Heidenspaß und erinnert mich sehr an das freie Spielen und Ausprobieren verschiedenster Techniken und Materialien aus der Kindheit.
Das Färben von Textilien ist im Prinzip nicht schwierig und einfach zu erlernen. Wenn du die Abläufe einmal drin hast, geht es ganz schnell und du kannst immer mal wieder eine “Session” einlegen, wenn du neue Färbematerialien gesammelt oder Lust auf einen neuen Farbton hast. Erstmal konzentriere ich mich hierbei auf das Erzeugen einer durchgehenden Farbe – also keine Muster oder Strukturen. Dazu möchte ich später noch einen Extra-Beitrag schreiben. Außerdem beziehe ich mich in diesem Beitrag auf rein pflanzliche Materialien, also Textilien aus Baumwolle, Leinen, Hanf, Bambus & Co.
Stoffe vorbereiten: Entschlichten und Beizen
Bevor du deinen Stoff färben kannst, sind zwei Arbeitsschritte notwendig: Das Entschlichten und das Beizen deines Stoffes. Klingt vielleicht kompliziert, ist es aber nicht.
Einkaufsliste
Zum Vorbereiten und Färben deiner Stoffe benötigst du folgende Hilfsmittel.
- einen oder mehrere große Edelstahltöpfe
- Bio-Waschmittel
- Alaun (Aluminiumacetat)
- Waschsoda
- weißen Baumwollstoff in kbA oder GOTS-Qualität
- Natürliche Materialien zum Färben wie z.B. Rote Beete, Rotkohl, Zwiebelschalen, Kurkuma, frische Beeren, Zapfen, Blätter, Blüten, Rinde, Kaffee, Schwarzer Tee, Rhabarber uvm.
Stoffe entschlichten
Beim Weben der Stoffe in der Fabrik wird das Garn impregniert (geglättet), damit es nicht brüchtig wird bzw. reißt. Diesen Vorgang nennt man Schlichten. Auch gebrauchte Stoffe, die schon häufig gewaschen wurden, können noch eine dünne Schicht aus Weichspüler oder anderen chemischen Zusätzen haben. Damit der Stoff die Farbe annimmt, müssen alle Imprägnierstoffe, chemischen Substanzen sowie natürliche Fette entfernt werden. Das ist das so genannte Entschlichten.
Du brauchst dafür ein pH-neutrales Biowaschmittel oder Olivenölseife, sowie Waschsoda. Wasche den Stoff zunächst bei 90° in der Waschmaschine vor. Bringe dann Wasser in einem großen Edelstahl-Topf zum Kochen. Diesen Topf solltest du nur fr das Färben deiner Stoffe verwenden, niemals für die Zubereitung von Nahrungsmitteln. Gib einen je Esslöffel Biowaschmittel und Waschsoda zum Wasser in den Topf. Gib dann deinen Stoff dazu (nur soviel, dass er gut vom Wasser bedeckt wird) und lasse ihn zwei Stunden kochen. Spüle anschließend den Stoff und lass ihn trocknen.
Stoffe beizen
Nun folgt der zweite Schritt. Damit die Farbstoffe tief in das Gewebe eindringen und haltbar werden – sich also nicht nach einer oder mehreren Waschgängen wieder herauslösen, muss der Stoff nun noch vorgebeizt werden.
Zum Beizen eignet sich das Metallsalz Alaun (Kaliumaluminiumsulfat) sehr gut, dass du problemlos in der Apotheke oder online kaufen kannst. Keine Sorge: Die gebrauchte Alaunlösung kann in haushaltsüblichen Mengen einfach über den normalen Abfluss entsorgt werden. Um die benötigte Menge an Alaun für deinen Beizvorgang zu ermitteln, rechnest du das Gesamtgewicht deines (trockenen) Stoffs : 100 und dann mal 5. So erhältst du die Mengenangabe von 5% des Trockengewichts deiner Stoffmenge. Meist reichen hier einige Teelöffel Alaun aus.
Weiche deinen Stoff mindestens eine Stunde in Wasser ein. Nimm dann einen großen Topf aus Edelstahl zur Hand (einen Topf, den du nur zum Färben / Beizen verwendest, niemals zum Kochen von Nahrungsmitteln!) und bringe darin Wasser zum Kochen. Gib das Alaun in der zuvor berechneten Menge hinzu. Lege dann deinen nassen Stoff in die Alaunbeize hinein und lass das Ganze etwa eine Stunde köcheln. Achte darauf, dass der Stoff immer mit Wasser bedeckt ist. Nimm den Topf dann vom Herd und lass den Stoff noch bis zum nächsten Tag einweichen. Am nächsten Tag spülst du deinen Stoff aus unf hängst ihn zum Trocknen auf.
Weitere mögliche Substanzen zum Beizen sind Aluminiumsulfat und essigsaure Tonerde. Beide Verfahren muss ich noch ausprobieren – du findest hier aber schonmal ausführliche Informationen dazu: Beizen mit Aluminiumsulfat & Beizen mit essigsaurer Tonerde
Stoffe färben
Jetzt wird es spannend! Nun setzen wir den Färbersud an. Wenn dich das natürliche Färben von Textilien fasziniert, wirst du hierbei immer Neues dazulernen und dich weiterentwickeln. Stell dir den gesamten Prozess wie eine Reise vor. Es gibt so viel zu entdecken!
Zum Färben von Stoffen sind zum einen Geduld und zum Anderen Hitze notwendig, um die Farbstoffe aus den natürlichen Materialien zu lösen. Die Textilien müssen meist sehr lange im Färbersud liegen, bis sie genügend Farbe aufgenommen haben. Dabei werden sie meist nur eine oder ein paar mehr Stunden geköchelt und dann einen Tag im Sud ziehen gelassen.
Stoff färben mit Färbersud aus Rotkohl, roter Beete und Kaffee
Für 100 Gramm Stoff benötigst du etwa 100 g Färbermaterial. Was für Material du verwenden möchtest, ist ganz dir überlassen. Lass dich inspirieren und gehe deiner eigenen Intuition nach.
Zum Färben eignen sich:
- Obst- und Gemüseschalen
- herabgefallene Blätter, Äste, Zapfen, Rinde, Nüsse, Flechten
- Wurzeln
- Blüten und Beeren
- Kurkuma und Safran
- Färberpflanzen wie z.B. Färberkamille, Färberwaid, Krapp, Färber-Akazie, Färberdistel, Färberwau
Eine Auflistung nach Ausgangsmaterial und erzielter Farbe findest du bei Eberhard Prinz:
→ Färberpflanzen für Baumwollfärbung
→ Pflanzenfarben für Leinen-Färbung
Wie lange und bei welcher Temperatur diese Zutaten erhitzt werden müssen und wie lange der Stoff darin ziehen muss ist bei jedem Material unterschiedlich. Ich möchte dir hier eine Grundanleitung geben und werde im Laufe der Zeit noch spezifische Anleitungen für die einzelnen Materialien erarbeiten.
Zum Ansetzen des Färbersuds benötigst du einen großen Edelstahlropf, in dem der Stoff sich gut bewegen kann. Fülle ihn etwa dreiviertel voll mit Wasser und gibt dann deine Naturmaterialien hinzu. Erhitze diese Mischung langsam bis die köchelt. Verringere dann die Temperatur, so dass der Sud nicht kocht sondern nur vor sich hin simmert. Hat dein Sud nach einer Stunde schon eine kräftige Farbe, nimm den Topf vom Herd – falls nicht, lasse ihn noch eine weitere Stunde simmern.
Wenn dein Stoff die Farbe kaum angenommen hat, kannst du diesen Vorgang nochmal 1-2 Tage wiederholen.
Seihe den Sud durch ein Sieb, das am besten noch mit einem Mulltuch bedeckt ist, so dass du auch kleinste Pflanzenteile herausfiltern kannst. Das Färbermaterial kommt in die Biotonne, der Sud wieder in den Topf. Nun gibst du deinen eingewichten und gebeizten Stoff hinzu. Drücke ihn mit einem Löffel, den du nur fürs Färben benutzt, unter Wasser bis er vollständig eingetaucht ist. Halte den Sud noch eine Stunde heiß und nimm ihn dann vom Herd. Lass den Stoff noch über Nacht im Sud einweichen. Am nächsten Tag kannst du deinen Stoff herausnehmen, spülen und trocknen lassen. Den Färbersud kannst du aufbewahren für deine nächste Session (z.b. im Tiefkühler) oder deine Gartenpflanzen damit gießen.
Farben verändern mit Eisenbeize
Um kräftigere Farben zu erzielen bzw. die Farbtöne aus den Naturmaterialien abzuwandeln, kannst du deinem Farbsud etwas Eisenbeize hinzugeben. Oder du tauchst deinen (bereits gefärbten) Stoff für kurze Zeit vollständig in die Eisenbeize ein und spülst ihn anschließend aus. Eisenbeize kannst du ganz einfach herstellen: Lege ein paar rostige Nägel oder anderes angerostetes Eisen in ein Glas und fülle dieses mit einem Teil weißen Essig und zwei Teilen Wasser auf. Lass es etwa eine Woche offen stehen, bis die Beize sich braun gefärbt hat. Mit der Verwendung von Eisenbeize experimentiere ich selbst gerade noch herum und werde dann natürlich hier im Blog davon berichten.
Links: Frisch angesetzte Eisenbeize, Rechts: Fertige Eisenbeize nach 6 Tagen
Farbe fixieren
Um die Farben noch haltbarer zu machen, kann man die gefärbten Stoffe noch für eine Stunde in ein Essigbad geben.
Nähwerke aus selbst gefärbten Stoffen
Mein erstes Nähprojekt aus den selbst gefärbten Stoffen war ein Patchworkkissen mit Hotelverschluss. Die komplette Nähanleitung samt Schnittmuster findest du übrigens hier im Blog:
→ Nähanleitung: Patchwork-Kissen mit Hotelverschluss
Auch einen Jerseystoff habe ich eingefärbt. Da er sehr groß war hat er leider nicht so gut in den Topf gepasst und die Farbe ist etwas fleckig geworden. Aber irgendwie hat das auch was. Ich habe mir aus dem Stoff einen Cardigan “Lovisa” in der kurzen Version genäht.
Weitere Inspirationen
Viele weitere Tipps und Inspirationen bekommst du im Buch “wild gefärbt” von Abigail Booth, das schon beim Durchblättern soviel Lust aufs Loslegen macht.