Na, kommt euch diese Dame bekannt vor? Ihr kennt sie vielleicht aus den makerist-Nähvideos, durch einen Besuch im Nadelwald Co-Sewing Space oder durch meinen Beitrag zur Sewperhelden-Party. Vorhang auf für Swantje!
Swantje stammt ursprünglich aus der Nähe von Darmstadt und ist studierte Modedesignerin. Im Herbst 2011 erfüllte sie sich ihren großen Traum und eröffnete den Nadelwald Co-Sewing Space in Berlin-Neukölln. Der Nadelwald ist ein Nähatelier, in dem zahlreiche Workshops für Anfänger und alle Lernwilligen angeboten werden. Unter professioneller Anleitung kann man in der »Offenen Sprechstunde« an seinen kreativen Werken feilen oder angefangenen Teilen und Problemfällen zu einem Happy End verhelfen. Es gibt eine Inspirations-Lounge und zahlreiche professionelle Nähmaschinen-Arbeitsplätze für Anfänger und Fortgeschrittene, sowie Arbeitsmaterialien für Entwurf, Schnitt und Fertigung.
Was machst du als erstes wenn du morgens aufwachst?
Ich drücke die Snooze-Taste und gebe mir nochmal 10 Minuten »Bedenkzeit«. Zwei Mal. Mindestens.
Wie sieht ein typischer Wochentag bei dir aus?
Hmm. Das kann ich so generell gar nicht sagen. Gleich ist eigentlich nur, dass ich eher nachts aktiv und vor neun morgens nicht wirklich zu gebrauchen bin. Meine Tage sind wirklich sehr unterschiedlich und meist dauern sie bis spät in die Nacht und fordern meine gesamte Aufmerksamkeit und auch ein bisschen Organisationstalent. Meine Vormittage beginne ich deshalb immer entspannt und gemütlich. Kaffee und ein ausgiebiges Frühstück spielen dabei eine sehr große Rolle.
Wenn ich dann im Nadelwald Co-Sewing Space bin, kann alles oder auch nichts passieren. Das macht es auch nach drei Jahren noch abwechslungsreich und spannend. Meine Tage wechseln wild zwischen Stammkunden und spontanen Besuchern mit großen und kleinen DIY-Projekten, unterschiedlichsten Workshops und Events wie Junggesellinnenabschiede und Kindergeburtstage. In ruhigeren Stunden nähe ich Bekleidung für den Laden und neue Prototypen für die Kurse, besorge Materialien und koordiniere bzw. beantworte Mailanfragen. Nebenbei illustriere ich für Amorelie, Westwing oder »Deine RezeptGalerie«, was mir mega Spaß macht und nochmal in eine ganz andere Richtung geht.
Im letzten Jahr hatte ich zudem das Glück mein erstes Buch den “Doppelgänger im Schrank im Edition Michael Fischer Verlag zu veröffentlichen und seit ca. einem Jahr drehe ich mit Makerist immer wieder neue Video-Tutorials, die sehr aufwändig vorbereitet und gedreht werden. Es gibt also immer etwas anderes zu tun und mir wird nie langweilig.
Ich gebe mein Wissen gerne weiter, stemme gemeinsam mit anderen spannende Projekte und alles, worauf ich schon immer mal Lust hatte, wird einfach ausprobiert.
Wann und aus welchen Beweggründen hast du mit dem Nähen begonnen und dich für deinen eigenen Laden entschieden?
Der Klassiker würde ich sagen. Wenn die Oma Schneiderin ist und die Mama viel näht… sagen wir es ergibt sich. Wann das genau angefangen hat, kann ich nicht mehr sagen, da war ich wohl noch zu klein. Meine Oma erzählt aber immer wieder gerne, dass ich ihr beim Nähen mit Vorliebe die Nadeln zurück ins Nadelkissen sortiert hab’ — nach Farben, versteht sich. Würde aus heutiger Sicht wohl auch meinen schrecklichen Ordnungsfimmel erklären.
Für mich stand die Selbstständigkeit aber nie zur Debatte. Meine Eltern haben sich in meinem Heimatort vor knapp 15 Jahren eine Stickerei aufgebaut, in der mittlerweile auch meine Schwester eine treibende Kraft ist. Ich hatte also das Glück direkt mitzubekommen, wie hart man sich den Erfolg erarbeiten und jeden Tag für die eigene Sache kämpfen muss. Nichts für mich. Dachte ich. Ich wollte lieber Sicherheit und hab’ mich von Anfang an für Design in Festanstellung entschieden… und bin damit ziemlich auf die Nase gefallen. Wenn man nicht richtig ins System passt und mit dem Ellenbogen-Business nicht kann, ist man nach drei ähnlich verlaufenden Jobs ziemlich ernüchtert. Die Frage, was da eigentlich falsch läuft und ob’s an einem selbst liegt, stand oft im Raum. Nach dem letzten Horrorjob entschied ich, dass es definitiv nicht an mir liegt und ich dringend etwas ändern muss.
Da ich das, was ich mache, aber sehr liebe und weiterhin ganz viel Energie, Motivation und Herzblut investieren wollte, gab es nur eine Richtung. Die Selbstständigkeit kam also eher zu mir und ich habe im richtigen Moment zugegriffen. Klar war von Anfang an nur, dass ich ein gutes Konzept und Unterstützung von Familie und Freunden brauche und — dass es nicht leicht wird. Alles andere kann man lernen und es findet sich immer irgendwie eine Lösung.
Was hat sich durch das Nähen & Bloggen für dich verändert?
Eigentlich nicht viel und doch einfach alles. Wer sein liebstes Hobby zum Beruf macht, wirft irgendwann alles entnervt hin und dreht sich um 180° Grad oder bleibt eben dabei und macht das Beste draus. Bei mir Letzteres. Ich mache also eigentlich nur das, was ich gut kann und schon immer gerne gemacht habe.
Neu ist nur, dass ich meine eigene, kleine Nische gefunden habe. Ich gebe mein Wissen gerne weiter, stemme gemeinsam mit anderen spannende Projekte und alles, worauf ich schon immer mal Lust hatte, wird einfach ausprobiert. Durch das Schreiben darüber und den Austausch mit Gleichgesinnten haben sich viele ungeahnte Türen geöffnet, die ich nie für mich betreten oder für möglich gehalten hätte.
Welche Materialien verarbeitest du am Liebsten?
Jersey. Gibt es in allen Stärken, Farben, Formen und Zusammensetzungen. Trägt sich super, schmeichelt jeder Figur und man braucht keine Verschlusslösung… ich habe gerne schnelle Ergebnisse und wenig Aufwand… zumindest wenn es um’s Nähen geht.
Wenn für alles gesorgt wäre und du nicht scheitern könntest: Was wäre dein absoluter Traumberuf?
Eine Sache alleine langweilt mich schnell. Aber wenn ich die Wahl hätte, wäre es wohl eine Kombination aus Reisereporter, Fotograf und Illustrator.
Wer oder was inspiriert dich?
Alles inspiriert mich — Farben, Formen, Musik, Gerüche, Berührungen oder manchmal nur ein Wort. Meist sind es die Dinge, die ich auf den ersten Blick gar nicht wahrgenommen habe. Es lohnt sich also immer ein zweites Mal hinzuschauen und sich die Neugier zu bewahren.
Was ist dein liebstes Urlaubs- bzw. Reiseziel und warum?
Für mich gibt es nichts Schlimmeres, als immer an den gleichen Ort zu fahren. Es mir in meinem Leben »bequem« zu machen, ist für mich Stillstand pur. Jedes Land und jede Kultur hat so viel Besonderes zu bieten, dass ich mich niemals auf etwas festlegen könnte. Ich hätte gerne tausend Leben, um die ganze Welt zu bereisen und mir all ihre Wunder anzuschauen.
Was wünschst du dir für deine Zukunft?
Mehr Zeit. Viel mehr Zeit. Ich habe noch so unglaublich viel vor.
Was würdest du in 20 Jahren der Swantje von heute raten?
Weniger Kompromisse eingehen und einfach mal »nein« sagen, wenn eine Sache nicht von Anfang an begeistert und mitreisst. Dinge, die mit halber Motivation und Kraft erledigt werden, brauchen mehr als doppelt so lange und machen eh keinen Spaß.
Interesse geweckt? Bitte hier entlang
Nadelwald Co-Sewing Space
Friedelstraße 11
12047 Berlin
Neukölln
www.nadelwald.me
www.facebook.com/nadelwald
Liebe Swantje, ich danke dir recht herzlich für das wunderbare Interview und wünsche dir ganz viel Erfolg mit deinen kreativen Projekten!
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Schöne, neue Fragen und interessante Antworten. Danke an Interviewerin und Interviewte für die spannenden Einblicke!
Liebe Grüße
Vanessa :-)